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Ein Blick über den Atlantik

Zwei unvergessliche Wochen bei der GCSAA

Während viele im Sommer die Zeit an der Küste oder in den Bergen verbringen, führte der Weg in diesem Jahr nach Kansas – genauer gesagt nach Lawrence. Die Universitätsstadt mit rund 140.000 Einwohnern gilt als lebendig, vielfältig, gastfreundlich und fahrradfreundlich. Ziel der Reise war die Golf Course Superintendents Association of America (GCSAA) – der weltweit größte Berufsverband für Greenkeeper.

Der erste Tag bei der GCSAA begann pünktlich um 8:30 Uhr mit einem bis ins Detail vorbereiteten Ablaufplan für die kommenden Tage – inklusive gemeinsamer Mittagessen, um von Beginn an eingebunden zu sein. Diese Organisation war nicht nur praktisch, sondern auch ein Ausdruck herzlicher Gastfreundschaft. Begrüßt wurde der Aufenthalt zudem durch den Geschäftsführer der GCSAA, Rhett Evans, was die Wertschätzung des Austausches unterstrich.

Die Arbeitsatmosphäre erwies sich durchweg als beeindruckend: offen, professionell und von echtem Teamgeist geprägt. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind seit Jahrzehnten Teil der Organisation, was sich im respektvollen und kollegialen Miteinander deutlich zeigt.

In den zwei Wochen bestand die Gelegenheit, sämtliche Abteilungen kennenzulernen und an zahlreichen Meetings teilzunehmen. Die Einbindung in Diskussionen und die Möglichkeit, Fragen zu stellen, machten den Austausch fachlich bereichernd. Zudem bot der Aufenthalt die Chance, die eigene Sprachpraxis zu vertiefen. Schnell wurde deutlich, dass die inhaltlichen Themen oft identisch mit denen in Deutschland sind – jedoch in einer größeren Dimension und mit einem durch die Verbandsgröße noch professioneller organisierten Rahmen.

Struktur und Reichweite

Besonders spannend fand ich die Größe und Struktur der GCSAA. Mit rund 20.000 Mitgliedern und etwa 17.000 Golfplätzen in den USA, auf denen rund 28,1 Millionen Menschen spielen, bewegen wir uns hier in ganz anderen Dimensionen.

Der Hauptsitz er GCSAA liegt in Lawrence, im Nordosten von Kansas. Insgesamt arbeiten rund 92 Mitarbeitende bei der GCSAA, die hautsächlich in Lawrence sitzen, aber auch über die ganze USA verteilt sind. Aufgebaut ist die GCSAA in neun Chapters – vergleichbar mit unseren Regionalverbänden. Diese werden hauptamtlich geführt und sind zusätzlich noch einmal regional unterteilt. So bleibt die Nähe zu den Mitgliedern bestehen bei der Größe des Landes.

Vielfalt der Mitgliedschaft

Wie auch bei uns ist die Mitgliedschaftsstruktur klar aufgebaut: Es gibt verschiedene Beitragsklassen für Superintendenten, Assistenten-Manager, Studierende, Equipment-Manager und Rentner. Der Frauenanteil liegt derzeit bei rund zwei Prozent – ein Wert, der sich wohl auch insgesamt im Greenkeeping in den USA widerspiegelt.

Bei uns im Verband sind es immerhin etwa fünf Prozent. Aber auch das ist noch ausbaufähig. Diese Gemeinsamkeit verbindet uns: Wir können beide daran arbeiten, den Frauenanteil zu steigern und Frauen stärker für das Greenkeeping zu gewinnen.

Gemeinsame Herausforderungen – weltweit

In vielen Gesprächen wurde mir klar, wie ähnlich sich unsere Herausforderungen sind – egal ob in den USA oder bei uns in Deutschland und Europa. Es geht um Mitgliedergewinnung und -bindung, aktuelle Kontaktdaten, die Erreichbarkeit der Mitglieder und vor allem die Frage: Wie motiviert man sie, aktiv teilzunehmen? Selbst das Zahlungsverhalten der Mitglieder ist ähnlich wie bei uns – auch in den USA laufen Beitragsrechnungen manchmal lange hinterher 😉

Wertvolle Partnerarbeit

Der Austausch mit Partnerunternehmen hat in den USA einen sehr hohen Stellenwert. Man nimmt sich bewusst viel Zeit, um wirklich auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten. Diese Haltung schafft Vertrauen und legt die Basis für eine langfristige Zusammenarbeit.

Besonders beeindruckt hat mich das Partnerschaftsmodell der GCSAA: Teilweise ist ein Mitarbeiter direkt für einen oder auch für zwei Industriepartner zuständig. So entsteht ein enger 1:1-Austausch. Dies sorgt dafür, die Partner wirklich intensiv in die Arbeit eingebunden werden können.

Umgekehrt unterstützen die Partner den Verband, wo immer es möglich ist – sei es bei der Professionalisierung des Greenkeepings, bei der Anpassung an die veränderten Klimabedingungen oder auch sehr stark in der Nachwuchsförderung.

Für mich war das ein starkes Signal, wie wertvoll echte Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist – und dass wir auch bei uns noch stärker in diese Richtung arbeiten könnten.

Politik, Lobbyarbeit und gesellschaftliche Relevanz

Ein Bereich, den wir in dieser Form beim GVD nicht kennen, ist die enge Zusammenarbeit der GCSAA mit Politik und Regierung. Lobbyarbeit spielt dort eine zentrale Rolle. Es geht darum, Entscheidungsträgern deutlich zu machen, welchen Wert Golfanlagen für die Gesellschaft haben: als Flächen für Biodiversität, als wichtige Bausteine der Biotopvernetzung und als nachhaltige Grünräume, die gerade im Klimawandel immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Golfanlagen werden in den USA aktiv als gesellschaftlicher Mehrwert dargestellt – und genau so in Politik und Öffentlichkeit kommuniziert. Möglich ist diese intensive Arbeit vor allem durch den hohen finanziellen Einsatz, den die GCSAA in diesen Bereich steckt. Wir könnten uns das in dieser Form leider gar nicht leisten. Umso faszinierender war es für mich zu sehen, wie konsequent und intensiv dieser Weg dort verfolgt wird – etwas, das ich in dieser Stärke bisher nicht kannte.

Kommunikation und Weiterbildung

Zur GCSAA gehören auch eine eigene Druckerei und ein Merchandise-Shop. Beides sind zusätzliche Werkzeuge, um das Profil des Verbands zu stärken und die Marke nach innen wie nach außen sichtbar zu machen.

Die GCSAA legt sehr viel Wert auf Kommunikation. Zweimal pro Woche gibt es einen Newsletter, dazu erscheint monatlich das GCSAA Magazine, das – bis auf den eigentlichen Druck – komplett inhouse produziert wird, inklusive Redaktion und Layout.

Auch online ist die GCSAA stark aufgestellt. Ein eigenes Team kümmert sich um Website und Social-Media-Kanäle. Besonders spannend war für mich der Relaunch der Homepage, den ich gleich an meinem ersten Tag live miterlebt habe. Gemeinsam mit vielen Beteiligten wurde die Seiten der Homepage in den letzten Monaten von mehreren tausend Unterseiten auf rund 600 gestrafft – deutlich klarer und somit informativer.

Interessant fand ich, dass auch hier ähnliche Probleme auftauchen wie bei uns: Die intensive Kommunikation ist nötig, um alle Mitglieder gut zu informieren. Gleichzeitig gibt es aber immer wieder Mitglieder, denen das „zu viel“ ist. Manche bestellen den Newsletter ab – und wundern sich anschließend, dass sie keine Informationen mehr bekommen. Auch daran sieht man: Kommunikation ist eben eine Daueraufgabe, die nie für alle perfekt passt – und das gilt auf beiden Seiten des Atlantiks gleichermaßen.

Neben der Kommunikation ist Weiterbildung ein zentrales Thema. Dafür gibt es praxisnahe Formate, etwa Lehrvideos für Platzarbeiter oder einfache Einweisungen für neue Mitarbeitende.

Besonders beeindruckt hat mich das First-Green-Programm, bei dem Golfplätze als Lernorte genutzt werden. Dort können Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse die Fächer Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen, Kunst und Mathematik (STEAM) praxisnah erleben. Neben dem Fokus auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden auch mögliche Berufswege aufgezeigt, wodurch die Nachwuchsförderung in der Golfbranche unterstützt wird. Greenkeeper erhalten dafür einen „Starter Guide“ mit allen nötigen Informationen, Ideen und Checklisten. So können sie das Projekt leicht selbst umsetzen und den Kontakt zu Schulen aufbauen. Für mich ein tolles Beispiel, wie Nachwuchsarbeit Begeisterung schaffen kann und das direkt vor Ort.

Strategische Ausrichtung der GCSAA

Während meiner Zeit bei der GCSAA habe ich erlebt, wie stark sich die Arbeit dort an einem klaren strategischen Rahmen orientiert. Im aktuellen, auf drei Jahre angelegten Strategiepapier stehen fünf zentrale Prioritäten im Mittelpunkt:

  1. Serving members / increasing the value of proposition – Mitglieder halten und neue gewinnen
  2. Professional Recognition & Brand Awareness – das Berufsbild sichtbarer machen
  3. Advocacy – politische Interessenvertretung
  4. Revenue Growth – zusätzliche Einnahmen schaffen
  5. Environmental Stewardship – Verantwortung für Umwelt und Nachhaltigkeit übernehmen

Besonders beeindruckt hat mich, wie selbstverständlich sich die Organisation über ihre Leitsätze definiert. Sie sind nicht nur eine Botschaft nach außen, sondern geben auch im Team klare Orientierung und schaffen Zusammenhalt:

  • Vision: Be the global leader in golf course management.
  • Mission: GCSAA is dedicated to serving our members, advancing their profession, and improving communities through the enjoyment, growth and vitality of the game of golf.

Vielleicht ist es genau diese klar gelebte Strategie mit ihrem Leitbild, die den respektvollen und offenen Umgang innerhalb der GCSAA möglich macht – weil sich alle daran orientieren und es im Alltag wirklich umsetzen. Mehr als nur leere Worte.

„Everyone Paddles“ – Teamgeist und Wertschätzung

Nach dem Motto Everyone Paddles macht die GCSAA auf eindrucksvolle Weise das Engagement einzelner Mitarbeitender sichtbar. Die symbolische Übergabe eines Paddels verdeutlicht, dass alle im gleichen Boot sitzen und gemeinsam den Kurs bestimmen.

Besonders wertvoll ist dabei, dass die Übergabe immer von einem Teammitglied an ein anderes erfolgt. In einer kurzen Ansprache wird erläutert, warum gerade diese Person das Paddel erhält – sei es für besondere Leistungen, Hilfsbereitschaft oder Teamgeist. Dadurch wird Wertschätzung nicht nur von „oben nach unten“, sondern innerhalb des Teams gelebt.

Dieses Ritual zeigt, wie Anerkennung kreativ und motivierend gestaltet werden kann: Jeder Beitrag zählt, und gemeinsam wird die Organisation vorangebracht.

100 Jahre GCSAA – das Centennial

Ein ganz aktueller Schwerpunkt ist die Vorbereitung auf das 100-jährige Jubiläum der GCSAA im Jahr 2026 – das „Centennial“. Gefeiert wird nicht nur an einem Tag, sondern über das gesamte Jahr hinweg. Geplant sind eine große Party während der Trade Show und viele weitere Veranstaltungen. Ein besonderes Highlight soll ein Museum mit historischen Artefakten werden, das auf der Messe gezeigt wird. Schon jetzt gibt es im Gebäude in Lawrence spannende Zeitzeugnisse zu sehen – darunter alte Rasenmäher aus St. Andrews, Ballwasher und Handmäher.

Das Projekt „Centennial“ fordert das gesamte Team zusätzlich, gibt aber gleichzeitig viel Energie. Man spürt, wie sehr es alle zusammenschweißt und wie viel Dynamik dadurch entsteht.

Fazit

Ich nehme nicht nur viele neue Impulse mit, sondern auch die Gewissheit, Teil einer starken, internationalen Gemeinschaft zu sein. Der Blick über den Atlantik hat mir gezeigt: Wir teilen viele Ziele und Herausforderungen – und wir können viel voneinander lernen. Und doch habe ich gesehen, dass wir an der Professionalität der GCSAA noch einiges abschauen können.

Mein herzlicher Dank gilt Rhett Evans und dem gesamten Team der GCSAA, die mir diese wertvolle und inspirierende Erfahrung ermöglicht haben – mit einem durchdachten Stundenplan, viel Offenheit und zahlreichen wertvollen Kontakten und einem einmaligen Team!

Neben der Arbeit hatte ich Zeit, Land und Leute kennenzulernen – mit vielen Eindrücken, Beobachtungen und Gesprächen, die weit über das Berufliche hinausgingen.

Mit meinem Gravelbike habe ich an den Wochenende die Umgebung erkundet – auf alten Bahntrassen, schattigen Radwegen und durch kleine Städtchen mit ihren kleinen Geschichtsmuseen. Hier begann einst der Santa-Fe-Trail, hier fielen die ersten Schüsse des amerikanischen Bürgerkriegs. Jede Stadt hatte ihre eigene Geschichte zu erzählen, und viele europäische Einwanderer haben sich im 19. Jahrhundert hier niedergelassen und das Land bewirtschaftet.

So konnte ich nicht nur viel für unsere Verbandsarbeit mitnehmen, sondern auch meinen persönlichen Horizont erweitern – und einige Schubladen voller Vorurteile neu sortieren. Oft ist eben nicht alles so, wie es auf den ersten Blick scheint.

Ein Bericht von Christina Seufert
Geschäftsführerin Greenkeeper Verband Deutschland e.V.